Elvis hat das Gebäude verlassen

Grafiken von:

Santana Raus
Jan Neidigk
Gloria H. Manderfeld
Volker Konrad
Cartsen Dörr
Si-yü Steuber
Stanislaw Rozin
René Nowotny
Nummer 85
Christoph Jaszczuk
Michael Marrak


Cover:
Jan Neidigk
Frank Hebben

Science-Fiction-Erzählungen von:

Anja Bagus
Mario Steinmetz
Chsristian Vogt
Tobias Fromme
Armin Rößler
Andreas Flögel
Peter Hohmann
André Geist
Christian Künne
Kay Noa
Thorsten Küper


Cyberpunk goes Fifties: ELVIS IS ALIVE!
Das Jahr 1957. Lederbekluftete Greaser präsentieren ihre chromfunkelnden Rocketcars und Jetpacks.
Die Tolle ist immer auf Krawall gebürstet, den Girls vor den Eisdielen oder im Autokino imponierend, von dröhnender Musik aus den Boxen unterstützt.
Rockabilly und Petticoats, Jukebox und Milchshakes, während der Kalte Krieg als greller Schädel zum Himmel hochwächst, ehe die Welt untergeht trotz Heimbunker im Garten unter dem gepflegten, grünen Rasen.
Oder als Sputnik seine Radiosignale aus dem All funkt und die Magnetbänder des Pentagon durchdrehen!
Als Simon, der erste Heimcomputer, in den Hobbykellern und Garagen zusammengebastelt wird. Und Elvis lässt die Hüften kreisen zum Jailhouse Rock.

Elf Geschichten über Rebellen und Spione, über Helden und Antihelden, die den Großrechnern das Fürchten lehren, bis den Superschurken das breite Grinsen in der Sonne zerschmilzt.
Die Finger vom Knopf: heile Welt!
Einmal Himmel und zurück. Over and out.



Herausgeber:
André Skora // Armin Rößler //
Frank Hebben


ISBN:
978-3-95777-117-9
(Taschenbuch, 300 Seiten), 15,90 €


978-3-95777-123-0
(epub), 4,99 €


978-3-95777-124-7
(mobi), 4,99 €
Leseprobe:



Der mattschwarze 59er Eldorado Brougham raste eine Staubwolke hinter sich herziehend den Interstate 15 entlang.
Am orangeroten Horizont schimmerte die Silhouette von New Las Vegas wie eine Fata Morgana in der vor Hitze flirrenden Luft. Inmitten einer Wüste, die tödlicher nicht sein konnte.
Buck fuhr sich mit dem Kamm durch die schwarzen, halblangen Haare und lenkte den Eldorado auf den staubigen Parkplatz eines heruntergekommenen Truck Stops. Seine von kleinen Fältchen umgebenen Augen waren müde. Als der Wagen stoppte, schaltete die Turbine im Motorraum automatisch auf Stand-by. Abgesehen von seinem Wagen stand nur Schrott vor dem Flachbau mit den vergitterten Scheiben. »Was für ’ne beschissene Einöde.«
Er steckte sich ein Streichholz zwischen die Zähne und stieg aus. Die brutale Hitze der Wüste macht das Atmen zur Qual. Metall tickte in der prallen Sonne. Das mit dem Streichholz war eine Masche, die er in einem alten Streifen aus den Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts gesehen hatte. Jetzt war es sein Markenzeichen. Er strich sich seine schwarzen Jeans glatt, straffte die Schultern und stapfte durch den Staub zum Eingang des Diners. Neben der Tür stand ein verwitterter Holzindianer, dessen verbliebenes Auge in die Ferne starrte.
Buck tauchte in das von einer ratternden Klimaanlage untermauerte Gemurmel. Lange Bar, Tischnischen an den verspiegelten Fenstern, Chrom und rote Kunstlederpolster. Es gab sogar eine auf retro gemachte Jukebox. Ein typischer Diner. Etwas anderes hatte er nicht erwartet. Er wählte die Nische in der Ecke, von der er den gesamten Raum und, was viel wichtiger war, die Tür im Blick hatte.
Der Geruch nach ranzigem Fritteusenfett, ungewaschenen Körpern in viel zu lang getragener Kleidung und kaltem Kaffee vermittelte ihm das seltene Gefühl von Geborgenheit.
»Howdy, Fremder. Willkommen im letzten Diner vor der Zone ... Ich bin Peggy!« Ihren Namen zog sie lang wie ein durchgekautes texanisches Kaugummi.
Buck ließ die Speisekarte sinken und sah auf. »Hätt’ nie was anderes behauptet«, antwortete er mit einem ironischen Zwinkern. Die Zone, von der Peggy sprach, begann etwa zwei Meilen weiter den Highway runter. Tagsüber ein Glutofen und in der Nacht ein Eisschrank konnte sie schnell zur Todesfalle werden. Und dann waren da noch die Zoner, denen man besser nicht begegnen wollte. Bis an die Zähne bewaffnete Freaks, denen Strahlung und herrenlose Gefechtsdrohnen egal waren. Wenn man denen in die Finger geriet, war der Verlust der eigenen Ausrüstung das geringste Problem.
Peggy beugte sich nach vorne und lächelte ihn mit blendend weißen Zähnen an. »Na, was darf’s sein, Honey?« Ihre Kurven drohten, das viel zu enge Kellnerinnenkleidchen zu sprengen.
Ziemlich scharf für die verdammte Wüste ...
Buck kam sich wie ein Idiot vor, als ihm bewusst wurde, dass er ihr ungeniert in den Ausschnitt starrte. »Sorry, ich ...«
»Schon okay«, erwiderte Peggy und strich sich eine Strähne ihres mintfarbenen Haars aus dem Gesicht. »Deswegen werde ich dir nicht gleich den Kopf abreißen.«
»Muss an der verdammten Hitze liegen ...«, stammelte Buck entschuldigend.

[Saturday Night Firefight, Mario Steinmetz]